Berner Platten sind verteilte Spielklötze, verstreut zwischen reissbrettartigen Wohnkasernen Parkanlagen und Kulturdenkmälern unserer Stadt.Diese Tische, die da nichts als stehen und auf Spiel und Freiraum verweisen, sind Stillleben in den Lücken zwischen Architektur und Landschaft.
Die von ihnen ausgehende Ruhe wird kontrastiert durch den Sport, welcher sich durch seine Eleganz und Geschwindigkeit, vor allem aber durch seine einfache und unkomplizierte Praxis auszeichnet. Zwei alte Brettchen, ein kleiner Ball, ein Tisch und los gehts.
Dies erscheint widersprüchlich, bedenkt man die stetig fortschreitende Privatisierung des öffentlichen Raumes und die beschleunigte Gesellschaft, welche kaum noch Inne hält oder sich Zeit nimmt für Ursprüngliches, wie den eigenen Spieltrieb. Generationen- und klassenübergreifend scheint die Freude am einfachen Zusammenspiel zu sein, wenn man sich umsieht auf den Schulplätzen, Quartierhöfen, in den öffentlichen Badeanstalten oder Seitenstrassen unserer Stadt. Von Rentnern über Kinder bis hin zu Professoren und Bauarbeitern duellieren sich alle an diesen Tischen.
Die Grundidee war ein Portrait der urbanen Tischtennisszene mit dem Anspruch, nicht nur eine Reportage zu erstellen, sondern den Betrachtenden ein Werkzeug in die Hände zu legen, welches zum Mitspielen anregt. Der Schaffensprozess war jederzeit vom Lustprinzip geprägt. Motiviert durch den Wunsch, mit Bildern zu erzählen. Nichts sollte erzwungen sein und alles konnte in Frage gestellt werden.
Zu dritt haben wir - ein Fotograf, ein Grafiker und ein Ideenschmied - dieses Projekt realisiert. Alle eint uns eine starke Eigeninitiative und der Sinn für Kooperation. Drei Freunde, welche sich gegenseitig anspornen, reflektieren oder auch kritisieren und zwar nicht nur bezüglich dem künstlerischen Schaffen.
Entstanden ist ein Handbuch. Ein Leitfaden für all jene, welche auf Entdeckungsreise gehen wollen. Eine Anleitung für alle Spielbesessenen und nicht zuletzt natürlich ein Bildband für Ästheten.
Mit den Karten und dem dazugehörigen Tischverzeichnis ist es möglich unbekannte Berner Platten in der Nachbarschaft aufzuspüren, Aaretouren mit Spiel und Schwumm zu planen oder herauszufinden, wo man sich zum Kräftemessen in grösseren Gruppen treffen kann. Die Fotografien wecken Emotionen, Kindheitserinnerungen und Bilder aus der Jugend, wie erste gestohlene Küsse oder Zigaretten. Egal ob man hier aufgewachsen ist, studiert hat oder schlicht einen Teil seines Lebens in dieser Stadt verbracht hat, die Berner Platten lassen Gefühle aufkommen. Diese vertraute Umgebung erinnert an Momente der Unbeschwertheit, Ausgelassenheit und vielleicht gar des Leichtsinns.
Die Texte der vorliegenden Publikation sind begleitet von Illustrationen, welche die Tische nicht vorrangig als Sportgeräte zeigen, sondern sie in surrealer Weise in den städtischen Kontext stellen. Die Zeichnungen schlagen eine Brücke zum urbanen Tischtennis und dem dazugehörigen Lebensgefühl.
Es geht darum, im Freien zu sein, sich zu bewegen, die Stadt und ihre Quartiere zu erkunden und die Umgebung als überdimensionalen Spielplatz wahrzunehmen. Aber es geht auch ums Beisammensein mit Freunden und Fremden. Dieses Lebensgefühl zu vermitteln ist mitunter unsere Absicht, wobei es mit dieser Publikation nicht getan ist. Berner Platten ist vielmehr ein Projekt in drei Teilen. Zum Buch kommen eine Ausstellung der Fotografien mit live Zeichnungsevent und ein grosses Tischtennisfest mit Turnier und Konzerten auf dem Vorplatz der Berner Reitschule.
Als ein Stück Kunsthandwerk in gebundener Form, präsentieren sich die Berner Platten hier als urbanen Reiseführer, freies Regelwerk, Bilderbuch und nicht zuletzt, als Hommage an einen packenden Sport und eine wunderschöne Stadt.
Mai 2013
bernerplatten.ch